Urlaubszeit – aber viele müssen zuhause bleiben
„Na, wo fahrt Ihr dieses Jahr hin?“ Diese Frage kennt wohl jeder und was man als Antowrt erwartet ist allgemein klar, nämlich, dass jetzt von Mallorca, Österreich, Griechenland oder vielleicht sogar Asien die Rede sein wird. Damit, dass jemand antwortet, dass er gar nicht in Urlaub fährt, rechnet keiner so wirklich. Dabei kann sich allein aus finanziellen Gründen jeder Sechste in Deutschland keinen Urlaub leisten. Das ist erschreckend für eine der reichsten Gesellschaften der Welt, umso mehr als diejenigen, die keinen Urlaub machen können, meist die sind, die ihn am dringendsten bräuchten.
Dabei steht Deutschland im internationalen Vergleich in dieser Hinsicht gar nicht mal schlecht da. Betrachtet man die Anzahl derer, die sich in einem Jahr nicht einmal eine Woche Urlaub außerhalb der eigenen Vier Wände leisten kann, so sind das in der Europäischen Union im Schnitt sogar 30%. Und auch innerhalb Deutschlands ist die Anzahl der „Nichturlauber“ in den letzten Jahren gesunken: im Jahr 2010 waren es noch 23,7% gegenüber 16% in diesem Jahr, wie das statistische Amt der Europäischen Union, Eurostat, ermittelt hat.
Die Bevölkerungsgruppen, die anteilsmäßig am häufigsten auf Urlaub verzichten müssen, sind mit 32,6% die Alleinerziehenden und mit 24,7% die Alleinstehenden. Im Fall der Alleinerziehenden bedeutet das, dass hier nicht nur ein ständig geforderter Elternteil auf eine Auszeit aus dem Alltag verzichten muss, sondern auch deren Kinder. Somit gehen einer ehedem benachteiligten Bevölkerungsgruppe nicht nur Erholung, sondern auch ein besonderes Erlebnis außerhalb des gewohnten Umfeldes abhanden, einen Tatsache, die sich sowohl auf die Bildung als auch die soziale Akzeptanz der Kinder auswirkt. Und auch den betroffenen Alleinstehenden entgeht damit eine Chance sich aus eventueller Isolation zumindest zeitweise zu befreien.
Fehlender Urlaub gilt als einer unter mehreren Aspekten bei der Definition von Armut. So heißt es, dass „unter erheblicher materieller Deprivation“ leidet, wer finanziell nicht in der Lage ist für mindestens vier der folgenden Dinge aufzukommen:
- Miete und Versorgungsleistungen,
- angemessene Beheizung der Wohnung,
- unerwartete Ausgaben,
- jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder gleichwertiger Proteinzufuhr,
- einen einwöchigen Urlaub an einem anderen Ort,
- ein Auto,
- eine Waschmaschine,
- einen Farbfernseher oder
- ein Telefon.
Urlaub ist also ein essentieller individueller wie gesellschaftlicher Faktor der Teilhabe. Das wird auch in der Regelung für Hartz IV-Empfänger so gesehen, auch wenn es keinen rechtssicheren Anspruch auf Urlaub (Ortsabwesenheit) gibt. Im Rahmen der Grundsicherung sind prinzipiell 6 Wochen Ortsabwesenheit im Jahr erlaubt, davon wird aber nur während 21 Tagen Hartz IV weitergezahlt. Wer also nochmal 3 Wochen mehr „ortsabwesend“ ist, bekommt während dieser Zeit keine Unterstützung und wer mehr als 21 Tage am Stück Urlaub macht, bekommt die Leistungen für die komplette ortsabwesende Zeit gestrichen. Als Urlaub wird hier Zeit betrachtet, in der der Hartz IV-Empfänger für das Jobcenter nicht zum Zweck eines Arbeitsangebots erreichbar sein darf. Ein Urlaub ist allerdings melde- und zustimmungspflichtig.
Prinzipiell ist Urlaub also auch für Hartz IV-Empfänger möglich, doch ob er auch bezahlbar ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Gerade Alleinerziehende mit schulpflichtigen Kindern sind an die Schulferien gebunden, also eine Zeit, in der die Preise für einen Aufenthalt in einem Hotel oder ähnlichen Unterkunft unverhältsnismäßig hoch sind und auch schon Normalverdienern ein Loch ins Portemonnaie reißen. Und selbst wenn sich eine günstige Bleibe finden würde, ist es mit Hartz IV mehr als schwer, Geld für Extraausgaben zur Seite zu legen. Doch das gilt nicht unebdingt nur für Empfänger von Grundsicherung, auch viele Familien, in denen die Eltern Jobs haben, müssen auf einen Urlaub verzichten, sofern die Jobs im Niedriglohnsektor angesiedelt sind.