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Nachrichten in Zeiten der Sozialen Medien

Printmedien haben es im Kampf mit Online-Angeboten schwer. Dass nun sogar Nachrichten stärker über Social Media als über Zeitungen konsumiert werden, ist ein weiterer folgenschwerer Wendepunkt in der Mediengeschichte.

Jedes Jahr erstellt die Nachrichtenagentur Reuters eine Studie zur Verbreitung und zum Konsum von Nachrichten. Was die Verbreitungskanäle angeht, so konstatiert Reuters seit Jahren, dass die Top 3 der Nachrichtenquellen folgende sind: die Nachrichtensendungen der wichtigsten TV-Anstalten gefolgt von Radionachrichten und auf Platz 3 die 24-Stunden-Nachrichtensender. In der 26 Länder umfassenden Reuters Digital News Survey 2016 hat sich aber auf den Plätzen 4 und 5 gegenüber den Vorjahren etwas geändert: Soziale Medien dienen seit diesem Jahr nämlich stärker zur Nachrichtenverbreitung als Zeitungen! Die Sozialen Medien haben auch den Online-Angeboten der großen Nachrichtenverlage somit den Rang abgelaufen. Es drängt sich die Frage auf, was die Zeitungen und Nachrichtenmagazine falsch machen, dass sie dermaßen die Gunst ihrer Leser verlieren. Aber, machen sie wirklich vieles falsch?

Die Antwort ist ein klares Jein! Dass Printmedien dem Reiz des Internets nicht viel entgegenzusetzen haben, liegt einerseits in ihrer Natur bedingt. Die digitale Welt ist interaktiv, erlaubt parallel Text, Bilder und Videos darzustellen. Dass man diese „Welt“ in Form eines Smartphones sogar in der Hosentasche Zeitungsstandmit sich rumtragen kann, ist ein weiterer Vorteil des Netzes.  Zudem sind online viele Inhalte kostenlos zu bekommen, für die man bei einer Zeitung zahlen muss. Des Weiteren macht sich hier ein Generationeneffekt bemerkbar. Das Internet, insbesondere das mobile, wird weit häufiger von jungen Menschen genutzt als von älteren. Dabei nutzen die Jungen dieses Medium auch weit länger, als ein älterer Mensch Zeit mit irgendeinem anderen Medium – sei es Print, Radio oder TV – verbringt.

Andererseits haben die Zeitungen und die Verlage, die hinter ihnen stehen, viel getan, um auch im Internetzeitalter nicht abgehängt zu werden. Allem voran haben sie eigene Online-Ausgaben auf den Markt gebracht, teils als „abgespeckte“, kostenlose Plattformen, teils als mit der Printausgabe zumindest gleichwertige Ausgaben. Das eigentlich erschreckende an der Feststellung der Reuters Studie ist also die Tatsache, dass auch die Online-Angebote der Nachrichtenanbieter hinter die Social Media als Nachrichtenkanal zurückgefallen sind. Diesen Aspekt muss man allerdings hinterfragen, denn oftmals stecken tatsächlich die großen Nachrichtenverlage auch hinter den News, die über die Sozialen Medien verbreitet werden – sie werden nur nicht mehr als eigenständige Quelle erkannt.

Grund für die nahezu „heimliche“ Präsenz der klassischen Nachrichtenportale in den Sozialen Medien sind die sogenannten „Distributed News“. Immer mehr Social Media Plattformen bieten den großen Verlagen an, dass sie direkt bei ihnen ihre Nachrichten verbreiten können. Bestes Beispiel dafür ist Facebook, dass dafür den Bereich „Instant Articles“ geschaffen hat, in dem Zeitungsredakteure ihre Artikel anlegen, die dann an Facebook-Nutzer ausgeliefert werden. Anstatt wie früher einen eigenen Facebook-Account zu betreiben und zu hoffen, dass die Nutzer über diesen per Link auf das eigene Nachrichtenportal selbst geführt werden, bleibt die Nachricht jetzt komplett innerhalb von Facebook. Was zunächst wie eine Kapitulation der Nachrichten-Macher gegenüber den Sozialen Medien klingt, bietet diesen jedoch Vorteile. Denn den Nachrichtenportalen gehen zunehmend Nutzer verloren, weil immer weniger Menschen bereit sind, aus einem anderen Bereich heraus einen Link zu öffnen. Zudem lassen sich eigenständige Nachrichtenportale immer schwerer profitabel betreiben, weil u.a. die vielen AdBlocker das Bannergeschäft kaputt machen.

„Distributed News“ ist also der neue Weg, über den sich Nachrichten-Verlage ihre Präsenz im Internet sichern. Aber dieser Schritt zieht natürlich auch Kosten für sie nach, nicht nur im materiellen Sinne. Dass hinter einer Nachicht, die in Facebook ausgeliefert wird, Spiegel-Online oder die Süddeutsche steckt, wird von vielen Nutzern gar nicht wahrgenommen. Zudem kommt, dass Nachrichten je nach erkennbarem Interesse ausgeliefert werden. Das heißt, dass die Nutzer nicht die ganze Bandbreite an aktuellen News zu sehen bekommen. Vielmehr werden hauptsächlich „Breaking News“, also Geschehnisse von hoher aktueller Brisanz, ausgeliefert oder auch Nachrichten aus den Bereichen Lifestyle, People und Unterhaltung – nicht gerade das, was etablierte Zeitungen und Magazine als ihre Stärke bezeichnen würden.

Zeitungen und Magazine befinden sich seit Jahren in einem erbitterten Kampf um ihr Überleben. Die Reuters Studie zeigt, dass zumindest ein neues Stadium in diesem Kampf erreicht wurde. Ob die Nachrichten-Verlage mit „Distibuted Content“ einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sind oder damit nach einem Rettungsanker gegriffen haben, wird sich wahrscheinlich schon bald zeigen.

Ein Gedanke zu „Nachrichten in Zeiten der Sozialen Medien

  • Alexander von derklettersteiger.de

    Klasse! Cooler Blog! Ich muss öfters mal hier vorbeischauen.Du schreibst wirklich gute Artikel! Gruß Alexander

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