Externenprüfung – Wenn Berufserfahrung die Ausbildung „ersetzt“
Der Helfer, der zur Fachkraft wird, ist in Deutschland gar nicht so selten, wie man denkt. Warum junge Menschen keinen Abschluss erlangen oder Fachkräfte in einem Quereinstieg ihr berufliches Glück suchen, kann viele Gründe haben. Wer nicht bis zur Rente als Helfer arbeiten möchte, kann seinen Abschluss auch ohne Ausbildung nachmachen.
Was ist die Externenprüfung?
Die Externenprüfung gibt es in verschiedenen Bereichen. Das Wort an sich bedeutet, dass „Außenstehende“ eine Prüfung ablegen können, ohne dass sie in den üblichen Lernverbänden eine entsprechende Ausbildung oder ein Seminar durchlaufen haben. Mit der Externenprüfung können Erfahrene ihre Qualifikationen erlangen, die sie für Tätigkeiten brauchen, in denen sie mit einem Abschluss verantwortungsvoller arbeiten dürfen oder mehr Geld verdienen. Es gibt die Externenprüfung sowohl für Ausbildereignungsprüfungen, wie auch für Prüfungen von Ausbildungsberufen oder Fachwirtstudiengängen. Auch für Schulabschlüsse gibt es sie, hier heißt sie in der Regel Schulfremdenprüfung.
Die Vorbereitung auf die Prüfung kann komplett in Eigenverantwortung erfolgen. Es gibt aber auch entsprechende Vorbereitungskurse. Die Kosten für diese Kurse können ggf. von Kostenträgern übernommen werden.
Ein Beispiel aus der Praxis
Sabrina S. hat früh Zwillinge bekommen. Die Ausbildung zur Bürokauffrau musste sie abbrechen, um sich um die Kinder zu kümmern. Mit Schuleintritt der Kinder beginnt sie wieder zu arbeiten. Sie sortiert anfangs die ein- und ausgehende Post einer großen Firma, bedient das Telefon und managt den Empfang. Da sie zuverlässig und kompetent ist, werden ihr immer mehr Aufgaben übertragen. Bald empfindet sie sich als vollwertige Kraft, die schlechter bezahlt wird. Das will sie ändern. Sie bucht einen Beratungstermin in der Arbeitsagentur und erfährt dort, dass es verschiedene Wege gibt, ihren Abschluss zu erlangen. Einer wäre, eine Ausbildung, die es auch in Teilzeit gibt. Ein anderer Weg die Externenprüfung.
Sabrina S. entscheidet sich für die Externenprüfung, bekommt einen Bildungsgutschein und absolviert einen Kurs bei einem Bildungsanbieter. Der ist zeitlich flexibel und wird weitgehend online angeboten. Bei der zuständigen IHK reicht sie ihren Arbeitsvertrag ein und weist damit die erforderliche Berufserfahrung nach. Sie erhält die Zulassung zur Prüfung und schreibt mit Auszubildenden und Umschülern zusammen die Prüfungen. Für die mündliche Prüfung wird sie einen Termin bei dem Bildungsanbieter bekommen, bei dem sie den Vorbereitungskurs gemacht hat. Nach wenigen Wochen hat sie ihr IHK Zeugnis und legt es dem Arbeitgeber vor, der sie nun in eine höhere Gehaltsklasse einstuft.
Alltag und Prüfungsvorbereitung – funktioniert das?
Für ein erfolgreiches Ablegen der Externenprüfung sind ein gutes Zeitmanagement, eine hohe Motivation und sehr viel Selbstdisziplin erforderlich. Je nachdem wie die eigene familiäre Situation ist, bedeutet es vielleicht auch für eine gewisse Zeit Verzicht auf Freizeitaktivitäten. Doch mit der Aussicht, ohne eine komplette Ausbildung seinen Abschluss zu bekommen, fällt den meisten der Verzicht leicht und sie geben sich alle Mühe, Job, Kinderbetreuung oder sonstige Pflichten unter einen Hut zu bringen.
Lernfähigkeit reaktivieren
Die Fähigkeit sich Wissen zu merken, geht verloren. Je länger die Zeit ist, die zwischen regelmäßigen Lernaufgaben und Vorbereitung auf die Externenprüfung liegt, desto wichtiger ist es, sich zu erinnern, welche Methoden und Routinen beim Lernen am besten geholfen haben.
Mit E-Learning finden sich tolle Instrumente, um sich auf die Prüfung vorzubereiten. Es hat zwar auch den Nachteil, nicht mit anderen „Klassenkameraden“ lernen zu können, doch die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen. Zudem können mehrere Aufnahmekanäle angesprochen werden. Der eine liest die Lerninhalte, der andere hört Podcasts, schaut Videos oder lernt spielerisch indem er die Prüfungsfragen wie ein Quiz durcharbeitet.
Motivationstechniken und Belohnung
Besonders wer sich ohne Vorbereitungskurs an die Prüfung heranwagen möchte, braucht Techniken, sich selbst zu motivieren. Natürlich ist man nach der Arbeit müde und möchte das Lernen vertagen. Aber auf welchen Zeitpunkt? Der kommende Arbeitstag wird wieder in Müdigkeit enden und am Wochenende fordert die Familie ihre Zeit ein. Nur wer sich aufraffen lernt, wird erfolgreich sein.
Die Prüfung ist keine Solo-Übung
Die Prüfung muss zwar allein geschrieben werden, doch für die Vorbereitung kann jede Hilfe in Anspruch genommen werden, die es gibt. Paten können mit den Kindern Ausflüge machen, um Lernzeit zu ermöglichen oder Kollegen helfen vielleicht, komplizierte Theorie an praktischen Abläufen verständlich zu machen. Im Internet hat jede Berufsgruppe eigene Webseiten, Foren und Blogs, in denen sich ausgetauscht werden kann.
Seminar vs. Selbstlernen
Die Entscheidung für oder gegen einen Kurs sollte nur von der eigenen Lernkompetenz abhängen. Die Kosten für die Seminare sind ja förderbar. Teilweise sogar so, dass der Arbeitgeber die Freistellung für Seminar- oder Prüfungsteilnahme erstattet bekommt. Seminarzeiten sind aufgrund von Onlinekursen so flexibel, dass jeder sein Zeitmodell finden kann, das auf Job und Familie zugeschnitten ist.
Für ein Seminar sollte sich entscheiden wer:
- Nicht gern liest, um sich Wissen zu erarbeiten
- Zur Prokrastination neigt (Aufschieberitis)
- Einen Ansprechpartner braucht, der Fragen beantwortet
- Bereits eine Externenprüfung nicht bestanden hat
Selbstlerner brauchen viel Disziplin, eine sehr gute Auffassungsgabe und die Fähigkeit sich und ihre Arbeit zu reflektieren. Denken wir an die Fahrschule, so weiß jeder seine kleinen Schwächen, die er in der täglichen Fahrpraxis anders macht, es die Regeln es vorschreiben. Das gibt es im beruflichen Alltag auch. Zwar ist die Berufserfahrung einerseits ein Vorteil. Eingefahrene Abläufe, die der Theorie widersprechen, können jedoch wichtige Punkte in der Prüfung kosten, wenn das Bewusstsein fehlt, dass die Praxis und die Theorie voneinander abweichen.
Auf mentaler Ebene sollten Selbstlerner damit klar kommen, dass sie ggf. allein mit einer Situation klar kommen müssen. Wird die Prüfung nicht bestanden, gibt es keine „Leidensgenossen“.
Die Vorbereitungsseminare bringen zudem den Vorteil, dass sich regional ggf. Gleichgesinnte zusammenschließen und Lerngruppen bilden. Gerade Erziehende können davon profitieren, wenn lernende Eltern und deren Kinder sich anfreunden und abwechselnd die Kinder beaufsichtigen, während der andere Zeit zum Lernen hat.
Die mündliche Prüfung muss ohnehin bei einem Bildungsanbieter stattfinden, es baut Stress ab, den vorher schon zu kennen. Ohne Vorbereitungsseminar werden Prüflinge einfach einer Berufsschule oder einem Bildungsträger zugewiesen.
Fazit: Die Externenprüfung lässt Helfer zu Fachkräften werden. Das ist kein Kinderspiel, kann aber Gelingen. Wer ein Vorbereitungsseminar nutzt, profitiert von der Dynamik einer Gruppe und muss sich den Schwierigkeiten nicht allein stellen. Um zugelassen zu werden, ist Berufserfahrung bei der prüfenden Stelle nachzuweisen.