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Die Tabakindustrie auf Kurswechsel

Auch, wenn die Tabakindustrie immer noch satte Profite einfährt, es tut sich was am Markthimmel. Dank Aufklärungskampagnen, den immer besser belegten Risiken und Schäden, die durch das Rauchen ausgelöst werden, aber auch durch die ständig steigenden Preise schrumpft der Anteil der Raucher an der Gesamtbevölkerung weltweit. Zwar rauchen immer noch fast eine Milliarde Menschen, aber immerhin ist diese Zahl zwischen 1990 und 2015 um rund ein Drittel geschrumpft. Heute sind es noch rund 15,3 Prozent der Gesamtbevölkerung, die zu den schädlichen Tabakprodukten greift – und jedes Jahr sinkt die Zahl weiter.

Das haben auch die Tabakriesen wie Philip Morris oder BAT (British American Tobacco) erkannt und reagieren mit sogenannten weniger schädlichen Alternativen: die E-Zigarette und Tabakerhitzer, die zwar auf ähnlichen Prinzipien basieren, aber doch sehr unterschiedlich sind. Und die Tabakkonzerne sind bereit, sich das etwas kosten zu lassen.

Die Zukunft liegt in weniger schädlichen Produkten 

Noch machen E-Zigaretten und ähnliche Produkte nur einen winzigen Teil des Umsatzes auf dem Markt aus – gerade einmal drei Prozent. Doch der Chef des zweitgrößten Tabakkonzerns Reemtsma, Michael Kaib, denkt, dass dies erst der Anfang sei. Nach seiner Einschätzung können weniger schädliche Produkte wie die E-Zigarette oder Tabakerhitzer schon in wenigen Jahren rund ein Drittel des Marktes ausmachen – das wäre eine Steigerung um das Zehnfache.

VerdampferAuch der größte Tabakkonzern Philip Morris glaubt an die Zukunft der Alternativprodukte. Mit ihrem Tabakerhitzer IQOS wollen sie den Markt für sich gewinnen. Ob das allerdings bisher so erfolgreich war, bleibt zweifelhaft. Denn wollte Morris eigentlich noch in diesem Jahr mit dem Bau einer neuen Fabrik zur Herstellung der Tabaksticks beginnen, wurde diese im Juni vorerst aufs Eis gelegt. Kenner der Branche vermuten, dass die Nachfrage die Investition nicht rechtfertigen würde. Philip Morris‘ Unternehmenssprecherin Iris Brand verweist allerdings darauf, dass in anderen bereits bestehenden Werken in Griechenland und der Schweiz die Produktivität so weit gesteigert werden konnte, dass eine neue Fabrik momentan noch keinen Sinn mache. Völlig abgeblasen sind die Pläne für die Fabrik, die immerhin 500 neue Arbeitsplätze in Dresden schaffen sollte, also nicht.

Was verbirgt sich hinter den E-Zigaretten und Tabakerhitzern? 

Auch, wenn die relativ jungen Produkte gerne in einem Satz genannt werden, so sind sie doch grundsätzlich anders. Die E-Zigarette besteht aus einem Verdampfer mit Tank und Heizwendel sowie einem Akku, durch den die Heizwendel das eingefüllte E-Liquid erwärmt. Durch die Wärme wird die Flüssigkeit verdampft und durch ein Mundstück inhaliert. Die Liquids gibt es in fast jeder nur erdenklichen Geschmacksrichtung von Tabak bis Kaugummi und kann mit oder ohne Nikotin sein. Die E-Zigarette ist seit etwas mehr als zehn Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich und hat in dieser Zeit extreme technische Entwicklungen erlebt. Auch die Studienlage wird immer eindeutiger: die E-Zigarette ist wesentlich weniger schädlich als das Rauchen von Tabakzigaretten. Einzig die Langzeitstudien fehlen natürlich noch, wie auch eine nähere Untersuchung, inwiefern das Nikotin als Einzelkomponente schädlich sein kann.

Tabakerhitzer sind eine Mischung aus Tabak- und E-Zigarette: es wird zwar immer noch ein Tabakstick eingesetzt, aber der Tabak wird nur noch erhitzt anstatt verbrannt. So sollen zumindest weniger Schadstoffe inhaliert werden, zudem soll es zu keiner Geruchsbelästigung durch den Rauch kommen. Da die Tabakerhitzer noch jünger sind als E-Zigaretten, ist hier die Studienlage besonders schwach aufgestellt.

Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) bleibt bei den Tabakerhitzern zunächst noch skeptisch. Laut ihr würden die Schadstoffmengen zwar reduziert, aber als Nutzer sei man dennoch nicht unerheblichen Mengen ausgesetzt. Für sie ist die E-Zigarette die am wenigsten schädliche Variante, gefolgt von den Tabakerhitzern und den besonders schädlichen normalen Tabakzigaretten.

Wie stellt sich der neue Markt auf? 

Gerade im Bereich der E-Zigarette konnten sich einige boomende Start-Up Unternehmen einen Namen machen. Und die kommen etwa nicht nur aus China – wie beispielsweise Joyetech – sondern auch von deutschen oder amerikanischen Denkschmieden, die durch neue E-Zigaretten Modelle Maßstäbe setzen. Aber natürlich verfügen diese nicht über die Werbebudgets, wie sie die großen Tabakkonzerne aufbringen können. Und die haben jetzt zum Angriff geblasen.

So setzt Philip Morris, wie schon erwähnt, auf seinen IQOS Tabakerhitzer. Dieser wird nicht nur extrem breitflächig beworben, er ist auch fast überall erhältlich, von der Tankstelle bis zum Supermarkt. Die anderen beiden Tabakriesen setzen hingegen auf eigene Varianten der E-Zigarette: Die „Vype“ von British American Tobacco (BAT) ist bereits seit mehr als einem Jahr auf dem Markt, und jetzt hat auch Reemtsma nachgezogen, mit dem eigenen Gerät „myBlu“. Beide sind in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich, allerdings bindet man sich als Dampfer bei der myBlu nur an die „Liquidpods“ des Herstellers. Liquids von Fremdmarken kann man damit nicht benutzen. Bei anderen Herstellern ist es hingegen durchaus möglich, Liquids fremder Hersteller, wie z.B. liquido24.de zu verwenden.

Ein Wachstumsmarkt mit hohem Potenzial 

Es bleibt abzuwarten, wer sich bei dem Rennen um die beste Marktplatzierung auf Dauer durchsetzen können wird – die großen Tabakkonzerne oder unabhängige, kleinere Unternehmen. Sicher ist nur, dass noch viel Luft nach oben ist und die Zahlen derjenigen, die von der Tabakzigarette auf weniger schädliche Alternativen wechseln, immer weiter steigen. Immerhin hat sich die Zahl der „Dampfer“ in den letzten sechs Jahren um rund 70 Prozent gesteigert. 2017 gab es rund 3,7 Millionen Dampfer, und ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen.

Aber noch brauchen sich die Tabakkonzerne auf jeden Fall keine allzu großen Sorgen zu machen – denn deren Umsätze werden durch die Alternativen in der näheren Zukunft nicht ernsthaft in Gefahr gebracht.

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