Demaskiert euch endlich!
Eine Hymne auf die Maske
von Uwe Finkelmeyer-Urban
Nicht zum ersten Mal ist es eine Kopfbedeckung, die einen quasireligiösen Krieg auslöst. Im aktuellen Fall allerdings soll sie die Gesundheit anderer schützen, nicht in erster Linie die Person selbst. Ein untragbarer Zustand für jene, die glauben Corona sei eine Erfindung und Lüge, um Demokratie und Freiheitsrechte abzuschaffen und einer geheimen Machtelite zu dienen.
Die Maske als Zeichen der Liebe und Höflichkeit
Die Maske ist eine Höflichkeit anderen Menschen gegenüber, ihre persönliche Integrität zu wahren und zu schützen. Durch sie vermindere ich meine durch Atmung und Sprache bedingte Ausscheidung von Aerosolen. Diese könnten andere infizieren, sollte ich infiziert sein. Ich schütze in erster Linie nicht mich, da auch über meine Augenschleimhäute eine Infektion erfolgen könnte (durch Ausscheidungen anderer), sondern Mitmenschen. In Jena beispielsweise wurde die Maske früh eingeführt und niedrige Infektionszahlen dort geben dieser Maßnahme recht. Damit steht diese Stadt für das, was sie auszeichnet: wissenschaftliche Tradition und rationaler Verstand.
Durch das Masken- und Abstandsgebot wurde auch ein geringerer Verlauf der Grippewelle verursacht. Auch das ist erfreulich, da im schlimmsten Fall eine Doppelinfektion einen sehr unerfreulichen Verlauf nehmen kann. In Japan ist es seit langem üblich, im öffentlichen Nahverkehr Masken zu tragen, sollte man erkältet sein oder einen grippalen Infekt haben.
Man muss sich vorstellen, wie eklig es wäre, würde jemand in Unterhose ungewaschen neben uns in U- oder Straßenbahn sitzen. Den Zustand der Unterhose überlasse ich der Fantasie der Leser. Aber: Das ist n u r eklig! Nicht infektiös! Aber eine Maske wird in Abrede gestellt, nur weil ich diese fiesen kleinen Aerosole nicht sehen riechen oder schmecken kann?
Auch wenn ich selbst keine Symptome spüre und einen milden Verlauf der Infektion habe, kann ich andere mir nahestehende Menschen anstecken. Ich denke an die eigenen Eltern oder Schwiegereltern, bei jüngeren Leuten Oma und Opa oder einen liebenswerten Großonkel. Möglicherweise ist diese aktuelle Krise der Auslöser für ein Umdenken: Wir tragen Masken immer dann, wenn wir erkältet oder sonst auf irgendeine Weise krank sein sollten. Das wird einen günstigeren Verlauf auf die immer wiederkehrenden saisonalen Grippewellen haben und ebenfalls Leben retten.
Ihr seid bereits maskiert
Ihr maskiert euch täglich. Hinter Labels, Marken, Gewohnheiten. Also eurer Markenkleidung, euren Accessoires, eurer teuren Armbanduhr, den Brillis, dem Parfum – und ja dem Auto. Der auf Instagram inszenierte Urlaub – vielleicht auch nur das letzte Wochenende, aber ihr vermarktet euch und setzt das Gesicht eurer Community auf – um zu gefallen. Auch der Öko von nebenan verhüllt sich als Gutmensch. Hinter Demeter, Rapunzel, Alnatura und esoterisch verschwurbelten Weltanschauungen. Der Verstand wurde schon lange einem narzisstisch-kollektiven Gruppenich geopfert.
Wer hat keine Angst vor dem Alleinsein und riskiert mal eine konträre Meinung, hat keine Angst Freunde zu verlieren? Gerade in esoterisch angehauchten Kreisen – gerne Heilpraktikern und Homöopathen – ist sachliche Kritik unbeliebt und wird gerne mit Ausschluss aus der Gruppe beantwortet. Es wird der Glaube als Marke hinter der Maske der Unvernunft zur Schau gestellt. Ach, und wer versteckt sich hinter wem? Der Öko hinter dem Reichsbürger oder Nazis hinter dem Öko? Erst bei genauer Betrachtung fallen die krassen Gemeinsamkeiten auf. Beide Gruppen haben ein außerhalb der Rationalität verankertes Weltbild. Ökos gerne ein auch auf die Anthroposophie Steiners beruhendes von ihm gegründetes irrationales, wissenschaftsfeindliches Weltbild – gerne auch mit germanischem Kult – dort der Nazi, Reichsbürger, whatever … Die Rassenlehren der Nazis waren nicht so weit weg von Steiners Weltbild. Reichsbürger erkennen so oder so keine Faktenlage an und verleugnen historische Tatsachen, beispielsweise den 2 + 4 Vertrag (Wir sind ein besetztes Land). Alle aber eint der Hang zur Natürlichkeit. Dem philosophischen Grundsatze folgend, dass die These die Antithese bedingt, ist bei der hervorhebenden Bedeutung der Natürlichkeit die Widernatürlichkeit bereits im Raum. Nun muss sich niemand mehr über das Missachten der Abstandsregeln hin zu Reichsbürgern und neuen rechten Bewegungen wundern. Sie haben eine klare, gemeinsame Grundlage.
Demokratie, Rechtsstaat und verbürgte Freiheitsrechte funktionieren.
Das immer wieder von Coronaleugnern gebrachte Argument, unter dem Deckmantel der Pandemie würde Demokratie abgeschafft und ein geheimer Machtzirkel installiert werden, hält bei genauer Betrachtung der Sachlage nicht stand. Zwar waren im Zuge des Lockdowns zunächst Demonstrationen nicht möglich, die Gastronomie hatte danach zunächst verkürzte Öffnungszeiten, aber Verwaltungsgerichte kippten reihenweise Verbote, aufgrund ihrer Unverhältnismäßigkeit. Ebenso sind Demonstrationen von Gerichten ermöglicht worden – unter Einhaltung aktuell notwendiger Hygienevorschriften. Dass die Judikative der Exekutive Einhalt gebieten kann, ist der Beweis für unseren funktionierenden Rechtsstaat und die gelebte Demokratie.
Vor allem jene, die sich immer wieder auf unser Grundgesetzt berufen, sei gesagt, die verbürgten Freiheitsrechte – nehmen wir Art 1 GG „die freie Entwicklung der Persönlichkeit“ oder das daraus abzuleitende „allgemeine Freiheitsrecht“ – kollidiert mit dem selben Anspruch aus Art.1 GG ihres Mitbürgers. Bekannter ist diese Formel durch Rosa Luxemburg: „Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit anderer beginnt!“ Die Hygienevorschriften schränken meine Freiheit zweifelfrei ein. Sie schützen aber alte, kranke oder in irgendeiner Weise vorgeschädigte Menschen vor einer möglichen schwerwiegenden, tödlich verlaufenden SARS-COV-2 Infektion. Auch diese Menschen stehen unter dem Schutz unserer Verfassung und haben ein allgemeines Lebensrecht durch Art. 1 GG.
Es ist also an der Zeit die Maske der Unvernunft abzulegen, den Verstand zu demaskieren und rationale Vernunft einkehren zu lassen. Vernünftige Menschen bedecken heute notwendigerweise Mund und Nase, nicht ihren Verstand.