Nachhaltige Fischzucht – ist das möglich?
Die Deutschen lieben Fisch. Über 13 Kilogramm essen wir pro Kopf im Jahr. Und eigentlich ist Fisch ja auch gesund – zumindest, wenn er nicht mit Schwermetallen oder Mikroplastik verseucht ist. Doch wie sieht es mit der Umweltverträglichkeit des Fischkonsums aus? Beliebte Fischarten wie Rotbarsch oder Thunfisch sind bereits vom Aussterben bedroht. Gleichzeitig gefährdet ihr Fang andere Arten wie Delfine oder Haie, die als unerwünschter Beifang zurück ins Meer geworfen werden und dort sterben. Ein Großteil der Meere ist leergefischt, wohingegen in vielen Fischfarmen Zustände wie in Legebatterien herrschen. Die Fische werden dort auf engstem Raum gehalten, was wiederum Krankheiten begünstigt und den Einsatz von Antibiotika erfordert. Schuld daran ist meist die schlechte Qualität des Wassers, verursacht durch Fischfäkalien. Das ist nicht nur schlecht für den Fisch, sondern auch die Umwelt. Durch die Errichtung von Aquakulturen in den Tropen und Subtropen werden außerdem wertvolle Wälder zerstört. Auf den Philippinen fielen bereits zwei Drittel der Mangroven Shrimpsfarmen zum Opfer. Das widerspricht sicher der Auffassung der meisten Verbraucher von Nachhaltigkeit.
Inzwischen stammen 30 Prozent der Meerestiere auf unseren Tellern aus Zuchtfarmen – Tendenz steigend. Vermehrt setzt man dabei auf hiesige Aquakulturen – das verbessert die CO2-Bilanz. Gleichzeitig soll es die Meere vermeintlich vor der Überfischung bewahren und uns unabhängiger machen von Importen, hauptsächlich aus Asien. Allerdings verunreinigen die dabei entstehenden Abwässer unsere Flüsse, Meere und Seen durch Fisch-Kot und Futterreste. Es bilden sich Algen und dem Wasser wird Sauerstoff entzogen, was wiederum zum Fischsterben anderswo führt und Gewässer „kippen“ lässt.
Abhilfe können nachhaltige Fischzucht-Anlagen mit geschlossenen Wasserkreisläufen schaffen. Dabei wird das nährstoffhaltige Abwasser der Fische für die Aufzucht anderer Organismen wie Muscheln oder Krebse verwendet oder düngt an Land Tomaten und Basilikum. So hat man zum Fisch gleich die Gemüsebeilage. Diese multi-trophe Nutzung wird bereits von einigen Forschungseinrichtungen wie dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) betrieben und lässt sich auch mit nachhaltigem Fischfutter, zum Beispiel aus Lupinenmehl oder Insekten kombinieren. Allerdings steckt die Erschließung dieser alternativen Futterquellen bisher noch in den Kinderschuhen, selbst wenn sie schon häufig propagiert wird. Die nachhaltigen Aquakulturen sind sowohl an Land als auch im Meer möglich. Dort werden die Fischabfälle von niederen Arten wie Seegurken oder Muscheln aufgenommen und das Wasser somit gefiltert. Dadurch entsteht ein natürlicher Kreislauf, bei dem die Nahrung optimal genutzt wird.
Eine große Herausforderung ist für die Züchter die Zusammenstellung der Arten und vor allem auch die Menge an Tieren, die auf engem Raum gehalten werden können. Tierschützer kritisieren, dass die Anlagen mit den geschlossenen Kreisläufen zwar umweltschonend, aber zu wenig auf das Wohl der Fische ausgerichtet sind, weil zum Beispiel teilweise in den Becken natürlicher Boden fehlt, der laut EU-Öko-Verordnung vorgeschrieben ist. Derzeit laufen noch Studien, die das Fischwohl bei Anlagen mit geschlossenen Wasserkreisläufen untersuchen. Daher ist ein Tierwohl-Siegel bei dieser Form der Aufzucht ebenfalls noch nicht möglich.
Nachhaltige Fischfarmen sind erst im Kommen. In Deutschland stammen bisher nur etwa zwei Prozent der Fische aus heimischen Aquakulturen und nur 50 Tonnen Fisch pro Jahr werden in Bioqualität hergestellt. Da ist noch Luft nach oben.