Was tun, wenn Kinder schon „Rücken“ haben?
„Deutschland hat Rücken“ behauptet der bekannte Orthopäde Roland Liebscher-Bracht und wahrscheinlich würden die meisten über 40-Jährigen ihm da aus eigener Erfahrung zustimmen. Und wen verwundert es, dass man mit zunehmendem Alter die Last des eigenen Körpers (und auch der Psyche) zu spüren bekommt? Aber, und das ist erschreckend, Rückenleiden sind verstärkt auch bei Kindern zu beobachten! Neben den akuten Schmerzen, die betroffene Kinder auszuhalten haben, stellt sich insbesondere auch die Frage, was das für ihre künftige Haltung und Gesundheit bedeutet und wie es passieren kann, dass auch in jungen Jahren sich beachtlich viele Rückenbeschwerden bilden und wie man diese verhindern oder auch wieder bekämpfen kann.
Fast jeder hat im Laufe seines Lebens Probleme mit dem Rücken. Für 85 % aller Deutschen war das laut Statistik schon einmal der Fall. Laut der Website „Ratgeber Nerven“ gehören je nach Studie auch 20 bis 80 % der Kinder zu den Betroffenen, wobei nicht nur der hohe obere Wert, sondern auch der untere bereits ein erschreckendes Ausmaß widerspiegelt. Schaut man sich die typischen Verläufe von Rückenleiden bei Kindern an, so könnte man vereinfacht und provokativ sagen, dass die Schule der Grund für dieses Massenleiden ist. Was genau steckt hinter dieser zugespitzten Aussage?
Schuld ist die Schule…
Die Wirbelsäule ist ein eher schwaches Gerüst, das für sich gesehen dem Körper wenig Halt geben kann. Erst durch die an ihr sitzenden Sehnen, Bänder und Muskeln kann sie eine tragende Funktion ausüben. Je mehr die letztgenannten aktiv sind, desto weniger muss die Wirbelsäule an sich die Last des Körpers abfangen. Aktiviert werden die Muskeln natürlich durch Bewegung und die ist bei Kindern vor Beginn der Schulzeit meist noch wenig eingeschränkt. Sie dürfen fast den ganzen Tag spielen, toben, klettern, rennen. Neben dem Schlaf kennen kleinere Kinder wenig Ruhephasen, in denen sie nur sitzen. Das ändert sich mit Beginn der Schule radikal. Obwohl Grundschulen mittlerweile für das Problem sensibilisiert sind und ihren Schülern schon mehr Bewegungsfreiheit einräumen, so ist das ruhige Sitzen unabdingbar für konzentriertes Lernen und einen machbaren Umgang mit den vielen Kindern, die in einer Klasse zusammenkommen.
Zudem kommt die Belastung des Rückens durch die Schulranzen hinzu. Zwar haben viele Ranzenhersteller das Problem schon lange erkannt und bieten leichte und ergonomische Ranzen an, aber neben dem Gewicht des Ranzens kommt ja auch immer noch der Inhalt dazu. Neben Büchern, Heften und Federmäppchen landen oftmals noch weitere Dinge im Ranzen, an die man zunächst in puncto Rückenbelastung gar nicht denkt. Aber auch gefüllte Brotzeitdosen, Getränke, Malutensilien und Sportsachen drücken auf die Wirbelsäule, so dass das empfohlene Gesamtgewicht eines gefüllten Schulranzens von 10 % des Körpergewichts eines Kindes meist deutlich überschritten wird.
Ein weiterer Aspekt für Rückenbeschwerden bei Schulkindern ist aber auch der sprichwörtliche Schuldruck, den die Wirbelsäule zu spüren bekommt. Der Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen und Rückenschmerzen wird mittlerweile von allen Fachleuten gesehen. Und Kinder stehen heute schon mit dem Grundschulalter oft unter einem regelrechten Erfolgsdruck, der sich dann auch körperlich zeigt.
…und das Daddeln
Die Belastung, die durch die Schule entsteht, ist nicht von der Hand zu weisen und trotzdem kann gerade die Zunahme an Rückensbeschwerden bei Kindern nicht allein auf die Schule geschoben werden. Vielmehr liegt das Problem darin, das die zwangsläufig eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit, die mit dem Schulbesuch einhergeht, heutzutage immer weniger kompensiert wird. Und da sind wir wie so oft mal wieder beim Thema digitale Medien. Schon jüngere Kinder verbringen heute immer mehr Zeit am Handy, vor dem Computer oder der Spielkonsole statt beim Sport, im Wald oder beim Rumspringen mit Freunden.
In Bezug auf den Rücken sind es also die summierten Zeiten körperlicher Inaktivität, die zum Problem werden. Untrainierte Muskeln können den eigentlich natürlichen Belastungen des langen Sitzens oder auch des Tragens eines Schulranzens nicht genug entgegensetzen.
Empfehlungen
Die Empfehlungen liegen also klar auf der Hand: Kinder brauchen einen Ausgleich zu den zunehmenden Zeiten körperlicher Inaktivität. Das beginnt zunächst einmal mit einem Schulweg, den das Kind nach Möglichkeit zu Fuß oder Rad zurücklegen sollte, statt mit dem Auto bis an die Schule gebracht zu werden. Regelmäßiger Sport tut Kindern zudem immer gut. Sofern er ohne Druck ausgeübt werden darf, stärkt Sport Körper und Seele. Darüber hinaus kann man auch zuhause Anreize setzen, um sein Kind zur Bewegung zu animieren, nicht zuletzt durch gemeinsame Familienaktivitäten, sondern auch, indem die Eltern als gutes Vorbild vorangehen.
Wenn man dann durch die Wahl des passenden Schulranzens und der Reduzierung seines Inhalts noch darauf achtet, dass keine dauerhaften größeren Belsatungen auf dem Rücken liegen, dann ist viel für die Rückengesundheit eines Kindes getan. Hilfreich dabei ist, dass einige Anbieter von Schulranzen im Internet auch eine Modellsuche nach Gewicht erlauben.
Bitte beachten Sie: Bei starken oder länger anhaltenden Rückenschmerzen ist unbedingt ärztlicher Rat hinzuzuziehen, denn mitunter können auch schwerwiegende Erkrankungen Auslöser von Rückenleiden sein.